Blickpunkt März / April / Mai 2025
In diesem Jahr feiern wir 100 Jahre Landes- kirchlicher Gemeinschaftsverband in Bayern e.V. Wir sind zutiefst dankbar dafür, wo Gott uns in diesen hundert Jahren gehalten, geführt und sowohl große als auch kleine Wunder erleben ließ. Häufig geschah dies durch Männer und Frauen, die ihm treu waren und ihm vertrauten. Doch oftmals geschah es auch trotz uns. Neben den vielen Segnungen und Bewahrungen gibt es reichlich Geschichten über Niederlagen, Streit, Spannungen und Kleingläubigkeit. Das gehört ebenso dazu und zeigt, dass Gott nicht darauf angewiesen ist, dass wir immer alles richtig machen – solange wir immer wieder zu ihm zurückkehren und uns ihm zuwenden.
Die Gründung des Bayerischen Gemeinschaftsverbands fand am 5. April 1925 statt. Wobei Gottes Geschichte mit der Landeskirchlichen Gemeinschaft bereits viel früher in den drei eigenständigen Gemeinschaftskreisen Ansbach, Nürnberg und Hof begann. Was wir nun feiern, ist der Zusammenschluss zu einem Werk, das am besten mit dem Bild der Vereinigung von drei Flüssen zu einem großen Strom beschrieben werden kann. Die Gründung einzelner Gemeinschaften ist viel älter, so zum Beispiel in Nürnberg 1904 oder in Rothenburg als älteste Gemeinschaft 1866.
Bemerkenswert ist, dass es in allen drei Gemeinschaftskreisen besondere Schlüsselpersonen gab, die die Arbeit in der Anfangszeit prägten.
In Ansbach war es Pfr. Dr. Carl Eichhorn (1855- 1933), der die Gemeinschaftsarbeit seines Vorgängers Pfr. Ferdinand Herbst weiterführte und viele Jahrzehnte prägte und formte. Wie an vielen Orten entwickelte sich eine vertiefende und erweckliche Bibelstundenarbeit innerhalb der evangelischen Kirche, die in Ansbach zunächst als regelmäßige Bibelstunde am Krankenbett einer Konfirmandin begonnen hatte und ab 1886 in einem Gasthofsaal in Kammerforst bei Ansbach stattfand. Sein Programm legte er zum Beispiel 1893 in der Schrift „Die Privatversammlungen innerhalb der Evangelischen Landeskirche“ dar.
In Nürnberg war eine bedeutende Schlüsselperson Theodor Levi/Leitner (1873-1936). Sein jüdischer Vorfahre wurde 1719 in Zürich getauft und heiratete eine Christin. Die Umbenennung in den Namen Leitner beantragte er vor allem zum Wohle seiner Kinder, die schon viele Jahre vor der Machtergreifung der Nazis in der Schule stark zu leiden hatten. Ab 1902 bekleidete er für 26 Jahre die Position des Gemein- schaftsleiters in Nürnberg, war ein gründlicher Bibelausleger und Seelsorger. Seine ausgeprägte Begabung in der Lehre kam ihm bei der Schulung der „mitdienenden Brüder“ zugute. In den Anfangsjahren zogen bis zu 30 Brüder unter Levis Leitung sonn- tags durch Mittelfranken.
Im Hofer Kreis war es Prediger Karl Weckerle (1875-1962), der die Gemeinschaftsarbeit in Hof im „Salem“ und weit darüber hinaus durch Verkündigungsdienste in der ganzen Region prägte und gestaltete. Vom Philadelphia-Verein in Stuttgart wurde er 1906 nach Oberfranken geschickt, um als stabile Starthilfe für das Unternehmen „Gemeinschaftsarbeit in Oberfranken“ zu dienen. Zunächst sollte er sich hauptsächlich um
Überreste der Arbeit der „Vereinigten Brüder in Christus“ kümmern, die sich vorher zum großen Teil den Methodisten angeschlossen hatten. Doch bald entstand eine starke missionarische Arbeit in Hof und ganz Oberfranken. Er war vor allem Pionier, Verkündiger, Evangelist, Endgeschichtler mit Liebe zur Offenbarung und Alttestament- ler, der mit einer selbstgebauten Nachbildung der Stiftshütte (die er in Auftrag gab) durch die Lande zog. Er war auf jeden Fall ein besonderes Original mit allen seinen Licht- und Schattenseiten. In sei- ner Zeit in Hof entstanden 140 Gemeinschaften zwischen Kulmbach und Eger, Blankenburg/Thüringen und Regensburg.
Zu diesen drei großen Strömen gehören auch weitere Zuflüsse. Die nun zusammengeschlossenen zahlreichen Gemeinschaften hatten anfangs keinen eigentlichen gemeinsamen Mittelpunkt. Anfangs traf man sich daher überregional bei speziellen Konferenzen, wie zum Beispiel bei der Himmelfahrtskonferenz in Nürnberg, die in späteren Jahrzehnten von der Landeskonferenz abgelöst wurde. Ab 1968 dann in der neu erbauten Konferenzhalle in Puschendorf. Damals stellte das Mutterhaus den Baugrund sowie zwei Drittel der Baukosten zur Verfügung. Ein Drittel brachte der Verband auf.
Ein weiteres wichtiges Zentrum war das Freizeit- und Erholungsheim Schloss Jägersburg bei Forchheim von 1926-46. Es wurde zu einem Treffpunkt für Erwachsene und für die Jugendarbeit des Verbands. Ebenfalls wurde hier 1926 für junge Frauen aus der Gemeinschaftsarbeit das Diakonissen-Mutterhaus Jägersburg gegründet als „Schwester“ unseres Gemeinschaftsverbandes. 1942 musste das Haus in den Wirren des Nazi-Regimes in einer Art Notverkauf an die Reichs- bahn verkauft werden, um einer drohenden Enteignung zu entgehen und konnte auch nach 1945 nicht zurückgewonnen werden. Nach 1945 fand die Diakoniegemeinschaft in Puschendorf eine neue Heimat. Interessanterweise werden gerade jetzt die Planungen und die Zusammenarbeit für das gemeinsame geistliches Zentrum für Diakoniegemeinschaft und Landeskirchlichen Gemeinschaftsverband intensiviert. Auch die Geschäftsstelle unseres Verbandes zog 1977 von Nürnberg auf ein Grundstück in der Waldstraße 1 in Puschendorf. Ein weiterer Strom unserer Arbeit ist unser CJB-Jugendverband, der als eigen- ständiger Jugendverband innerhalb unseres Ver- bands bereits seit 1927 aktiv ist.
100 Jahre hat Gott uns geführt und wir sind froh und vertrauen darauf, dass er das weiter tut.