Ausgabe September / Oktober / November 2018 – Rainer Hübner, Regensburg
Jeder kennt das Auto mit dem Stern oder die Fastfood- Kette mit dem geschwungenen orangen M. Am Logo wird die Firma erkannt. Das Markenzeichen garantiert den Wiedererkennungseffekt.
Mercedes steht für hochwertige Fahrzeuge mit langer Lebensdauer. McDonalds ist kinderfreundlich und will uns schnell (und ungesund) satt machen. Das Markenzeichen für die Gemeinschaft von Christen nennt Jesus in Johannes 13,35: „Liebe zueinander“. Wofür steht es? Und ist es heute erkennbar?
1. Beobachtungen zum Text
Jesus setzt dieses Markenzeichen seiner Jünger an den Anfang der sogenannten Abschiedsreden (Joh 13-17) und schärft ihnen dieses „Gebot der Liebe“ (griechisch: „Agape“) wiederholt ein (Joh 14,9; 15,12.17). Damit unterstreicht er die Bedeutung: Erkennbar sollen sie an der Liebe zueinander sein. Zweifellos ist sie verknüpft mit dem Bleiben in der Liebe von Jesus (Joh 13,34; 15,9.10.12).
Kurz vorher veranschaulicht Jesus seinen Nachfolgern, wie diese „Agape“ aussehen kann: Er übernimmt die niedrigste Aufgabe, wäscht ihnen die Füße und erklärt, dass sie in dieser Weise ebenso einander dienen sollen (Joh 13,4-17). In Logo „Liebe“ Bibelarbeit zu Joh.13,35 den weiteren Gesprächen verheißt Jesus den Heiligen Geist, durch den er nach seiner Himmelfahrt selbst in ihnen wohnen wird. Ergänzend schreibt Paulus in Römer 5,5: Die „Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.“ In allen Beziehungen hat Jesus Christus diese Liebe gelebt und stellt sie als Modell und gleichzeitig als neues Gebot zentral in die Beziehung seiner Jünger (Joh 13,34). Diese herausfordernde Liebe gipfelt bei Jesus in der Bereitschaft, sich foltern und grausam hinrichten zu lassen – stellvertretend für die Jünger und für alle Menschen, um sie von ihrer Schuld freizukaufen und die beständige Gemeinschaft mit Gott zu eröffnen.
2. Konkretisierung der „Agape“ für den Gemeindealltag
„Agape“ meint nicht die sexuelle Anziehungskraft und geht weit über natürliche Attraktivität hinaus. „Agape-Christen“ atmen die dienende und hingebende Liebe von Jesus Christus ein und leben sie in ihren Beziehungen zwar unvollkommen aber doch sichtbar aus. Dietrich Bonhoeffer konkretisiert in seinem Buch „Gemeinsames Leben“ diese Liebe in vier Verhaltensweisen, die das Miteinander einer christlichen Gemeinschaft verändern. (D.Bonhoeffer, Gemeinsames Leben, S.77)
Konkretion 1: Dem andern zuhören! (Jakobus 1,19)
„Der erste Dienst, den einer dem anderen in der Gemeinschaft schuldet, besteht darin, dass er ihn anhört. Wie die Liebe zu Gott damit beginnt, dass wir sein Wort hören, so ist es der Anfang der Liebe zum Bruder, dass wir lernen, auf ihn zu hören.“ (D.Bonhoeffer, Gemeinsames Leben, S.83) Zuhören gehört zur christlichen Gemeinschaft. Nur wer dem andern zuhört, wird nicht an ihm vorbeireden. Wer seine Zeit für zu kostbar hält und deshalb nicht zuhören will, der nimmt sich selbst wichtiger als den anderen. Gott selbst, so schreibt Bonhoeffer, sei der große Zuhörer. An seinem Werk sind wir beteiligt, wenn wir einander zuhören. Nur wer geduldig zuhört, erfährt und versteht, was der andere braucht.
Konkretion 2: Dem andern praktisch helfen! (Gal. 6,10)
„Der zweite Dienst, den in einer christlichen Gemeinschaft einer dem andern tun soll, ist die tätige Hilfsbereitschaft. Dabei ist zunächst an die schlichte Hilfe in kleinen und äußeren Dingen gedacht. … Keiner ist für den geringsten Dienst zu gut. Die Sorge um den Zeitverlust … nimmt meist die eigene Arbeit zu wichtig.“ (D.Bonhoeffer, Gemeinsames Leben, S.85) Wir müssten bereit sein, uns von Gott unterbrechen zu lassen, schreibt Bonhoeffer. Gott werde unsere Wege und Pläne immer wieder durchkreuzen, indem er uns Menschen mit ihren Ansprüchen und Bitten über den Weg schicke (vgl. auch Lukas 10,25-36).
Konkretion 3: Den andern tragen! (Galater 6,2)
„Wir sprechen drittens von dem Dienst, der im Tragen des Andern besteht. … Tragen ist ein Erleiden.“ (D.Bonhoeffer, Gemeinsames Leben, S.86) Sicher empfinden wir nicht jeden in der Gemeinschaft als Last. Doch je näher wir uns kennenlernen, werden wir die Unterschiedlichkeit feststellen. In der Lebensweise. Im Charakter. Im Verhalten. Im Empfinden. Im Verständnis von Bibeltexten. Im Glaubensleben. Diese Vielfalt ist bereichernd, aber kann ebenso zur Last werden. Es benötigt ein bewusstes Ja zur Andersartigkeit des anderen. Die Liebe, den andern zu tragen, wird noch stärker herausgefordert, wenn jemand offensichtlich sündigt (Galater 6,1) und dadurch Menschen verletzt. Bonhoeffer ermutigt, wir bräuchten den Sünder nicht verloren geben, sondern dürften ihm die Gemeinschaft bewahren durch Vergebung – bewusst, dass wir selbst fehlbar seien. Gott habe den Menschen im Tiefsten erlitten, indem Jesus Christus am Kreuz für ihn gestorben sei, und so die Gemeinschaft mit ihm gehalten.
Konkretion 4: Dem andern das Wort Gottes sagen! (Epheser 5,19)
„Wo nun der Dienst des Hörens, der tätigen Hilfe, des Tragens treu getan wird, kann auch das Letzte und Höchste geschehen, der Dienst mit dem Worte Gottes.“ (D.Bonhoeffer, Gemeinsames Leben, S.89) Wende ich mich nur dann anderen Gemeindegliedern zu, wenn ich sie trösten, ermutigen oder gar zurechtweisen will, dann werden sie es schwer annehmen. Besteht aber eine tragfähige Beziehung, kann auch das Wort Gottes eher auf guten Boden fallen – weil die Liebe auch vorher schon spürbar geworden ist. Aber auch das darf im liebevollen Miteinander nicht fehlen: dem andern Gottes Wort ermutigend und ermahnend zuzusprechen.
3. Logo „Liebe“ wird erkannt
Eine Gemeinschaft, in der die Leute aufeinander hören, einander praktisch helfen, einander tragen in der Unterschiedlichkeit und sogar mit den Verfehlungen. Und sie können sich gegenseitig bestärken und korrigieren. Was ist das für ein großartiges Markenzeichen der Liebe von Jesus!
Vor Jahren kam eine junge Familie zum Gottesdienst. Der Vater hat mehrmals mit anderen Männern aus der Gemeinschaft in einer „christlichen“ Schafkopfrunde gespielt. Dann hat er sich einladen lassen. Die Familie blieb. Sie bekehrten sich. Sie wurden Mitglied. Ich fragte sie, warum sie nach den ersten Besuchen in der Gemeinschaft geblieben sind. Sie antworteten: „Den liebevollen Umgang miteinander hätten sie in dieser Weise das erste Mal erlebt.“ Sie hatten – Gott sei Dank – das Logo erkannt.