Blickpunkt März / April / Mai 2025 – Dr. Thomas Kröck, Gnadauer AK Schöpfung + Verantwortung

Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, dass Lobpreis und Anbetung nicht nur in Kirchen und Gemeindehäusern stattfindet, sondern auch von unseren Grundstücken ausgehen soll? Die Psalmen sprechen davon, dass die gesamte Schöpfung Gott ihren Schöpfer preist (Ps 96,11f; Ps 104; Ps 148) und der Apostel Paulus schreibt im Römerbrief, dass sich Gott in seiner Schöpfung offenbart (Röm 1,20).

Der Lobpreis der Schöpfung ist bedroht

Aber dieser Lobpreis wird immer weniger. Natürliche Lebensräume werden zunehmend zerstört und viele Arten von Pflanzen und Tieren sterben aus. Der Verlust von biologischer Vielfalt ist neben dem Klimawandel eine der großen ökologischen Krisen unserer Zeit. Durch Umweltverschmutzung, die intensive Nutzung von Äckern und Wiesen, die Zerschneidung der Landschaft durch Verkehrswege und die Bebauung und Versiegelung der Erdoberfläche werden wichtige Lebensräume zerstört und Pflanzen- und Tierarten, die für die Stabilität der Ökosysteme wichtig sind und die Größe und Weisheit des Schöpfers sichtbar machen, gehen unwiederbringlich verloren.

Der Anteil von Gärten und öffentlichen Grünflächen ist im Vergleich zu den landwirtschaftlich genutzten Flächen und Wälder zwar relativ gering. Trotzdem spielen sie für die Biodiversität eine wichtige Rolle. Denn sie unterliegen viel weniger ökonomischen Zwängen und bieten Möglichkeiten zum privaten oder gemeinschaftlichen Engagement. Neben privaten Gärten und öffentlichen Parks, gehören dazu auch die Grundstücke von christlichen Gemeinden und anderen Einrichtungen, wie Tagungshäusern und Ausbildungsstätten.

Gärten und öffentliche Grünflächen können vielfältige Mikrohabitate aufweisen, die zahlreichen Pflanzenarten, Insekten, Vögeln und kleinen Säu- getieren Lebensraum und Nahrung bieten. Sie können als ökologische Korridore fungieren, die isolierte Lebensräume miteinander verbinden und die Wanderung und den genetischen Aus- tausch zwischen Populationen erleichtern. Diese Flächen tragen außerdem zur Verbesserung der Luftqualität, zur Regulierung des Mikroklimas und zur Wasserrückhaltung bei.

Maßnahmen zum Fördern der biologischen Vielfalt

Damit Gärten diese positiven Effekte haben, sind allerdings einige Voraussetzungen zu beachten:

Dazu gehört es, dass im Garten vor allem einheimische Pflanzen vorkommen sollten, denn diese bieten vielen Tieren Nahrung und Lebensraum. Viele Insekten sind auf bestimmte Wirtspflanzenarten angewiesen. Zierpflanzen aus anderen Gebieten und Kontinenten (Neophyten) bieten Insekten und Vögeln wenig Nahrung oder können sogar als invasive Arten einheimische Arten verdrängen.

Wichtig sind auch vielfältige Strukturen, wie Totholz, Laub, Trockenmauern und Steinhaufen, unberührte Sandflächen oder Gartenteiche die Insekten und anderen Tieren Nistmöglichkeiten und Lebensraum bieten.

Unterbleiben sollten Pflegemaßnahmen, wie der Einsatz von Mährobotern oder die Verwendung von Pestiziden und Herbiziden, die auch nützliche Insektenarten und andere Tiere töten können.

Auch die Versiegelung von Flächen bzw. die Abdeckung mit Planen und Schotter reduziert den Lebensraum von Pflanzen und Tieren und sollte unterbleiben. In manchen Bundesländern sind beim Anlegen von neuen Gärten Schotterflächen sogar ganz verboten.

Neben dem Fördern biologischer Vielfalt, werden unserer Grundstücke auf verschiedene Weise genutzt: als Spielplatz für Kinder, Platz zum Feiern, ästhetischen Genuss und vielleicht Beete zum gemeinsamen Anbau von Obst und Gemüse. Das muss nicht im Widerspruch stehen. Ein erster Schritt zu einem naturnahen Garten ist es schon einen Teil des Rasens seltener zu mähen, damit Pflanzen zum Blühen kommen können. Manche Vorstellungen von einem „schönen“ Garten sollten hinterfragt werden. Ist „schön“ gleichzusetzen mit ständig kurzgeschnittenem Rasen und akkurat abgegrenzten Beeten auf denen nur wenige, möglichst exotische Pflanzen stehen dürfen und jede Wildpflanze entfernt wird? Oder kann man sich auch am natürlichen Miteinander verschiedener, möglichst einheimischer, Pflanzen erfreuen?

Erste Schritte wagen

Bei der Gartengestaltung gibt es viele Möglichkeiten und nicht nur schwarz und weiß. Statt den ganzen Garten neu zu anzulegen, könnten Sie überlegen, wo Sie mehr Vielfalt erlauben könnten, eine exotische Pflanze gegen eine einheimische austauschen oder „wilde Ecken“ zulassen in denen Insekten und andere Tiere Zuflucht finden. Mit naturnaher Bepflanzung kann der Pflegeaufwand reduziert werden. Denn bei seltenerem Rasenmähen und der Bepflanzung mit einheimischen Stauden und trockenverträglichen Pflanzen fällt weniger Arbeit an. Natürlich müssen diese Maßnahmen auch kommuniziert und begründet werden, damit die Gemeindeglieder und Besucher den Sinn verstehen und die Anregungen möglichst auch in den eigenen Gärten umsetzen.

Was könnten Sie in diesem Jahr tun, um mehr Natur auf dem Gemeindegrundstück zuzulassen und unseren Mitgeschöpfen mehr Lebensraum zu geben, damit sie ihren Schöpfer preisen können? Anregungen dazu bietet der Gnadauer Impulsbrief Schöpfung + Verantwortung (siehe QR-Code) und das artenreich-Seminar am Begegnungszentrum Sonneck in Marburg am 9.-11.5.25 (https://begegnungszentrum-sonneck.de/artenreich-der-schoepfung-begegnen-2025/).

Übrigens könnte man die diesjährige Jahreslosung auch im Gemeindegarten anwenden: Prüfen Sie, was dort an Pflanzen von selbst aufwächst, und geben Sie ihn Raum so lange keine triftigen Gründe dagegensprechen