Blickpunkt Juni / Juli / August 2024 – Walter Ittner, Ansbach
„Predigen für Menschen, die noch nicht in meine Kirche kommen!“, lautete das Thema bei der Fortbildungstagen unserer hauptamtlichen Mitarbeiter im letzten Oktober in Burgambach. Zu Gast hatten wir ein sehr motiviertes und kompetentes dreiköpfiges Referententeam vom Theologischen Studienzentrum Berlin. In der letzten Ausgabe des Blickpunkts hatte ich von dieser Fortbildung einige Punkte weitergegeben zu der Frage: „Bin ich noch neugierig auf die Menschen, die Gott nicht kennen?“ Wie bereits angekündigt geht es diesmal in einem zweiten Teil um die Frage: „Was ist das Faszinationspotential meiner Gemeinde?“ Wie finden sie Heimat bei uns und warum eben oft nicht?
Am Anfang machte das Berliner Team deutlich, dass es wichtig ist, Gemeinde von außen und vom Zentrum her zu denken. Salopp gesagt: Was steht im Schaufenster und was haben wir im Laden? Wie wirken wir auf die Menschen, die noch nicht da sind und was ist unsere innere Mitte, die andere anzieht, auch wenn sie mit Gott noch wenig anfangen können?
Sie erzählten von Carl, der seine erste Gemeindebegegnung so beschrieben hat: „Aber was mich gecatcht hat war halt diese sehr positive Atmosphäre in dem Raum“. Oder von Peggy, die es im Bild beschreibt: „Kirche ist wie eine liebevolle Einladung zum Tanz“. Deutlich wurde: Entkirchlichte Menschen werden leichter in einer Gemeinde zugehörig, wenn schon eine biografische Kirchenbezogenheit und eine „anhaltende Spannung oder punktuelle „Krise“ da war. Das muss nicht nur eine Not sein, sondern kann auch ein Umzug in eine neue Stadt sein, ein Berufswechsel, oder das Kind, das geboren wird und die Lebenssituation verändert.
In dieser Situation braucht es dann Menschen, die dies wahrnehmen, die Menschen ansprechen und mitnehmen – und Leute vor Ort, die die „Neuen“ willkommen heißen. Oft sind das gar nicht die gleichen Personen. Oder, wie es mal jemand formuliert hat: „Wir müssen die Christen bei uns, die die Gabe der Evangelisation haben, zusammenbringen mit denen, die gastfreundlich und offen sind.“ Manchmal sind die Leute, die immer wieder neue Menschen mitbringen, gar nicht die, die die Beziehungen auf Dauer halten können. Oft braucht es dann viel mehr die „beständigeren Typen“ die ihr Leben, ihre Häuser und vor allem ihr Herz öffnen für die, die bei uns neu auftauchen.
Einen weiteren wichtigen Schritt nannten unsere Berliner Referenten mit dem – zugegeben recht „denglischen“ – Begriff, die „doing Zugehörigkeit“. Leute machen mit, weil sie gebraucht werden. Sie planen und organisieren (so ein Beispiel, das genannt wurde) einen Basar mit, weil es dran war, und bringen sich ein, wo sie gebraucht werden, selbst wenn da bei ihnen vom Glauben her noch nicht so viel da ist. Menschen mögen es zwar nicht, wenn nur ihre Leistung wichtig ist – aber gleichzeitig wollen sie gebraucht werden und sich sinnvoll einbringen. Solange sie auf Dauer nur in der Position eines Zuschauers am Spielfeldrand zwischen diesen beiden Polen ist es wichtig, Gemeinde einladend zu gestalten und neue Menschen einzubeziehen, zu achten und als Menschen wertzuschätzen.
Bleibt es jedoch nur bei der Integration durch Freundschaft und die Möglichkeit der Mitgestaltung, fehlt jedoch ein ganz entscheidender Punkt und Gemeinde verliert auf Dauer dennoch ihre Anziehungskraft. Entkirchlichte Menschen finden nur Heimat bei uns über die erste Begeisterung hinaus, wenn sie bei uns Gott begegnen und dadurch verändert werden. Oder anders gesagt: Wenn sie zum lebendigen Glauben an Jesus kommen, seine Nachfolger werden und von ihm immer mehr verwandelt werden.
Das sollten wir Gott zutrauen und erwarten, dass er durch sein Wort an Menschen wirkt, sei es in unseren Predigten und unseren Gesprächen über die Bibel oder genauso, wenn sie selbst anfangen, in der Bibel zu lesen. Wir können Veränderung nicht machen. Dass ein Mensch zum Glauben kommt, können wir nicht produzieren, das bewirkt nur der Heilige Geist. Aber wir können es fördern und das Evangelium in das Leben der Menschen heute hineinsprechen, gemeinsam ehrlich den Glauben leben aber ebenso die Menschen, die schon lange dabei sind, herausfordern, sich ganz auf Jesus einzulassen.
Ich wünsche uns, dass unsere Gemeinschaften ganz neu Orte werden, in denen auch kirchenferne Menschen wieder neu andocken können, weil sie bei uns willkommen sind und hier Jesus begegnen.