Blickpunkt März / April / Mai 2024– Walter Itnner, Ansbach
„Predigen für Menschen, die noch nicht in meine Kirche kommen!“, lautete das Thema bei den Fortbildungstagen unserer hauptamtlichen Mitarbeiter im letzten Oktober in Burgambach. Zu Gast hatten wir ein sehr motiviertes und kompetentes dreiköpfiges Referententeam vom Theologischen Studienzentrum Berlin. Bei der Vorbereitung dieser Fortbildung im Vorfeld war ich per Zoom mit dabei. Dabei war ich zuerst etwas irritiert, als ich merkte, wie sie sich anfangs gegen unser Thema sträubten. Nein, eigentlich nicht gegen das Thema an sich, sondern auf die von uns erwartete Engführung auf das Thema „Predigt“. Eine – sinngemäße – Aussage, die im Zusammenhang der Vorplanung fiel: „Wenn du am Sonntag zu Mustafa (Erwin, Max…) in der Predigt sprechen willst – wenn er denn kommt – musst du wissen, was ihn unter der Woche bewegt und beschäftigt. Du musst ihn kennenlernen und dich auf sein Leben einlassen“.
Also beschäftigten wir uns am Anfang eben nicht mit der „richtigen“ Predigt für Kirchendistanzierte, sondern mit dem „Sozialraum“, Freundschaften und Brücken zum Glauben. Predigen im Gottesdienst kam ganz zum Schluss. Zuerst fand ich es schade, aber am Ende war ich sehr froh darüber. Denn um relevant zu predigen, muss ich meinen Sozialraum entdecken. Ich muss wissen, was die Menschen bewegt, die in meinem Umfeld leben. Genauso muss ich erst mal herausfinden, was sie geprägt hat und mit welchen Erfahrungen, Erlebnissen, aber auch Verletzungen mit Kirche und Glauben sie es bisher zu tun hatten.
Dazu schauten wir uns Jesus an und wie er an unterschiedlichen Orten und bei unterschiedlichen Menschen oft sehr verschiedene Weisen nutzte, um die immer gleiche Botschaft vom Reich Gottes zum Teil sehr individuell weiterzugeben. Je tiefer wir ins Thema einstiegen, desto mehr wurde ich herausgefordert. Klar, ich will dass Menschen Jesus finden, aber: „Bin ich noch neugierig auf die Menschen, die Gott nicht kennen?“ Eine Übung war bezeichnend. Unter der Überschrift „Brücken des Glaubens“ sollten wir die Beziehungen zu den Menschen außerhalb der Gemeinde, die auch keinen Bezug zum Glauben haben, in eine kleine Liste eintragen.
Es war bei uns allen bezeichnend, wie wenige Namen unten auf der letzten Stufe standen. Ein Hauptamtlicher lebt oft in einer sehr frommen „Blase“. Daher wurden wir ermutigt, hier konkret und beständig weiter zu beten und unsere Chancen zu nutzen, damit Menschen eine „Stufe“ weiterrutschen. Dies aber nicht als Methode, sondern weil Gott die Menschen wichtig sind und er sich freut, wenn sie ihn kennenlernen. Auf jeden Fall bete ich jetzt regelmäßig für meine polnische Nachbarn, weil ich möchte, dass sie auch Jesus kennenlernen. Dazu habe ich mir die Frage mitgenommen: „Was kann ich tun, damit Menschen auf meiner Liste eine Stufe weiter (von 1 nach 2, von 2 nach 3 oder von 3 nach 4) gehen?“
Mein erstes persönliches Fazit war daher: Für Menschen, die Gott noch nicht kennen, relevant und lebensverändernd zu predigen, ist nicht eine Sache der Methode, sondern zunächst mal der Liebe. Lass ich mir von Gott die Bereitschaft schenken, sie mit seinen Augen zu sehen? Bin ich noch neugierig auf den anderen? Interessiere ich mich für ihn – so wie sich Jesus für Menschen interessiert hat? Bin ich bereit, Freundschaften einzugehen, einfach, weil die Menschen es wert sind? Auf jeden Fall bin ich hier immer noch am Lernen, Fragen und Bewegen und bin sehr gespannt, was aus diesem Anstoß noch entsteht. Übrigens: Selbst nach dieser ersten Einheit ging es bei unserer Hauptamtlichentagung noch nicht ums Predigen, sondern als Zweites dann um das „Faszinationspotential“ meiner Gemeinde. Was zieht Menschen an? Wie finden sie Heimat bei uns – und warum oft eben nicht? Da dieses zweite Thema am Ende für mich genauso spannend war wie das Thema „Mein Sozialraum und die Menschen, die darin leben“, möchte ich Ihnen als Fortsetzung im nächsten Blickpunkt noch ausführlicher dazu berichten.
Aber keine Sorge: Am Ende ging es auch um das „Predigen für die, die da sind“. Ich hoffe, dass da manche guten Anregungen bereits jetzt in unseren Gemeinschaften Früchte tragen.