Blickpunkt September / Oktober / November 2024 – Elisabeth König, Marktredwitz

Was möchte ich in meinem Leben einmal erreichen?

Wo sehe ich mich in 5 Jahren?

Bin ich bereit für etwas Neues außerhalb meiner Komfortzone?

Diese Fragen sollten wir uns hin und wieder in unserem Leben stellen.

Ein Mann, der sich diese Fragen mit großer Wahrscheinlichkeit auch gestellt hat, war Petrus. Sein Beruf, vielleicht sein Traumberuf, aber wahrscheinlich eher aus der Tradition heraus, war Fischer am See Genezareth. Wenn wir ihm die Frage gestellt hätten, wo er sich in fünf Jahren sieht, als er noch als Fischer gearbeitet hat, wäre vielleicht die Antwort gewesen: In 5 Jahren… Naja, evtl. ein neues Netz, guten Synagogenschulplatz für die Kinder, Expansion des Geschäftes.

Aber es kam anders. Eines Tages kam ein neuer Wanderprediger vorbei, Jesus genannt, der zu Petrus sagte, er solle von nun an Menschenfischer sein. (Lukas 5, 10b)

Nachdem er Jesus begegnet war, veränderte sich sein Leben, sein Lebensziel schlagartig. Er war nicht mehr auf einen großen Fang aus, sondern er war von Jesus begeistert, wollte ihm nachfolgen. Die nächsten drei Jahre waren sehr ereignisreich… Die Geschichten, die Auf und Abs in seiner Beziehung zu Jesus kennen viele von euch, denke ich, sehr gut.

Als Jesus wieder in den Himmel aufgefahren war, baute Petrus Gemeinde und verkündete allen Menschen das Evangelium. Er gilt als der Begründer der Kirche. Er setzte eine Bewegung in Gang, eine Gemeindeneugründungswelle, eine Missionsgesellschaft…

Wie sieht es mit der Gemeinde Gottes heute aus? 2000 Jahre später? Warum gibt es den Landeskirchlichen Gemeinschaftsverband Bayern e.V. nun seit fast über hundert Jahren?

Was möchten wir als Verband gemeinsam erreichen? Wo sehen wir uns in 5 Jahren?

Petrus hatte eine Vision, er hatte ein klares Ziel. Und ich denke, weil er sich seinem Ziel bewusst war, fiel es ihm bestimmt leichter manch schwierige Herausforderung anzunehmen, manche Unannehmlichkeiten hinzunehmen.

In der Apostelgeschichte lesen wir, was Petrus im Auftrag Jesu alles gemacht hat und wo er überall herumkam. Er reiste viel und verkündigte in vielen Synagogen das Evangelium. Auf einer seiner Reisen kam er nach Joppe, das heutige Tel Aviv. Dort wohnte er einige Zeit bei einem Gerber namens Simon. Auf das, was dort passiert ist, will ich noch kurz genauer eingehen. Petrus möchte zur Mittagsstunde beten und geht dafür auf das Flachdach des Hauses.

In Apostelgeschichte 10 ab Vers 10 steht:

10 Und als er hungrig wurde, wollte er essen. Während sie ihm aber etwas zubereiteten, kam eine Verzückung über ihn, 11 und er sah den Himmel aufgetan und ein Gefäß herabkommen wie ein großes leinenes Tuch, an vier Zipfeln niedergelassen auf die Erde. 12 Darin waren allerlei vierfüßige und kriechende Tiere der Erde und Vögel des Himmels. 13 Und es geschah eine Stimme zu ihm: Steh auf, Petrus, schlachte und iss! 14 Petrus aber sprach: O nein, Herr; denn ich habe noch nie etwas Gemeines und Unreines gegessen. 15 Und die Stimme sprach zum zweiten Mal zu ihm: Was Gott rein gemacht hat, das nenne du nicht unrein. 16 Und das geschah dreimal; und alsbald wurde das Gefäß wieder hinaufgenommen gen Himmel. (LUT 17)

Für einen guten und gottesfürchtigen Juden, wie Petrus einer war, war diese Erscheinung, diese Aufforderung ungeheuerlich. Sein ganzes Leben hat er sich an die Gesetze aus der Tora gehalten und jetzt sollte er plötzlich etwas Unreines essen. Das würde bedeuten, dass er auch unrein werden würde und eigentlich somit aus der Gemeinschaft der Juden ausgeschlossen werden musste. Das war auch der Grund, warum Juden sich nicht mit Heiden an einen Tisch gesetzt hätten, denn man konnte ja nie wissen, was die auf den Tisch brachten. Schon allein der Kontakt mit Heiden wie zum Beispiel den Römern machte einen Juden unrein. Deshalb blieb man lieber unter sich.

Auch das Evangelium wurde bis zu diesem Tag nur an Juden weitererzählt. Für die ersten Apostel war es klar, dass Jesus als Retter für die Juden gekommen war und nicht für die Heiden.

Während Petrus nach dieser Erscheinung noch nachdachte, was sie bedeuten könnte, klopften unten an der Tür drei Männer. Sie kamen vom römischen Hauptmann Kornelius. Dieser wohnte in Cäsarea. Eine Stadt, in der überwiegend Heiden wohnten. Er war sehr gottesfürchtig und hatte schon viel für die Juden getan. Am Tag zuvor hatte er eine Erscheinung. Ein Engel kam zu ihm und sagte, dass er aus Joppe Petrus zu sich einladen solle.

Deshalb standen nun die Knechte des Hauptmannes vor der Tür und verlangten nach Petrus.

19 Während aber Petrus nachsann über die Erscheinung, sprach der Geist zu ihm: Siehe, drei Männer suchen dich; 20 so steh auf, steig hinab und geh mit ihnen und zweifle nicht, denn ich habe sie gesandt.“ Apostelgeschichte 10, 19-20

Für Petrus muss es nun klar gewesen sein. Er verstand, warum Gott ihm diese Erscheinung geschickt hatte. Petrus sollte keinen Unterschied mehr machen zwischen Juden und Heiden. Das Evangelium, die gute Nachricht sollte für alle Menschen da sein. Auch wenn es Petrus sicherlich viel Überwindung gekostet haben muss, machte er sich auf den Weg nach Cäsarea und ließ sich zu dem Hauptmann Kornelius nach Hause einladen. Kornelius und seine Freunde hörten das Evangelium, kamen zum Glauben und ließen sich von Petrus taufen.

Ab dem Zeitpunkt wurde das Evangelium an alle Menschen weitererzählt, nicht nur an Juden. Am Anfang war es für die Apostel in Jerusalem noch ungewohnt und Petrus musste seine Schritte hin zu den Heiden erst einmal rechtfertigen, aber spätestens, nachdem Paulus mit seiner Missionsreise begann, war die Frage für welchen Personenkreis die gute Nachricht bestimmt war, keine Frage mehr.

Petrus war bereit, sich von Gott auch auf mal unkonventionelle und neue Wege führen und leiten zu lassen. Am Anfang war ihm manches bestimmt noch nicht klar, aber er ging mit den Knechten von Kornelius mit und erlebte, wie Gott sich auch den Heiden zuwendete. Er war bereit, sein bisheriges Ziel, seine Vision, den Juden von Jesus zu erzählen, zu verändern. Er war bereit, seine kulturellen Grenzen zu überwinden. Seine Botschaft blieb die gleiche, aber seine Zielgruppe erweiterte sich.

Ich finde, die Geschichte macht deutlich, wie wertvoll es sein kann, wenn man gewohnte Grenzen überschreitet und im Vertrauen auf Gott den Horizont erweitert.

Sind wir im Persönlichen, aber auch als Verband immer wieder bereit, unsere Ziele und Aufgaben zu überdenken?

Sind wir bereit, manchmal unsere Komfortzone zu verlassen und Grenzen zu überwinden?

Wo sagen wir…Ach mit dem über den Glauben zu Reden hat doch sowieso keinen Sinn. Der ist schon seit Jahren Atheist… Der versteht das mit Jesus eh nicht…. Das kann ich nicht machen, das hat noch nie einer gemacht… Der Gottesdienst war schon immer in diesem Haus. Ein anderer Ort kommt nicht in Frage …

Wo sind vielleicht solche gedanklichen Grenzen bei uns im Verband? Gibt es Möglichkeiten, Aktionen, die wir aus Sorge vor dem Unbekannten gar nicht zu denken wagen.

Ich wünsche uns, dass wir im Gebet Gott unsere Grenzen, Ängste und Sorgen hinlegen und ihm bitten, uns den Mut für Neues zu schenken und uns auch das Richtige aufs Herz zu legen. Wichtig ist, glaube ich, dass wir dabei lernen zu erkennen, dass das Alte nicht für ungültig erklärt wird.

Bei Petrus bedeutete das Neue eine unendlich große Erweiterung seines Horizontes. Auch die anderen Apostel erkannten, wie wertvoll die Erweiterung ihrer Zielgruppe war. Die Missionierung der Juden wurde nicht aufgegeben oder für schlecht erklärt, es kam nur eine neue riesige Gruppe dazu.

Petrus hatte weiterhin ein Ziel. Alle sollten die gute Nachricht von Jesus hören. Er wollte weiter Gemeinde bauen, aber wie großartig war es doch, dass er sich traute Neues zu wagen und auf Gott zu vertrauen.

Sind wir bereit und trauen uns auch?

 

Während aber Petrus nachsann über die Erscheinung, sprach der Geist zu ihm:  Siehe, drei Männer suchen dich;  so steh auf, steig hinab und geh mit ihnen und zweifle nicht, denn ich habe sie gesandt.

Apostelgeschichte 10, 19-20