Ausgabe Dezember 2021 / Januar / Februar 2022 – Erwin Lechner
In den Artikeln über den Missionsbefehl Jesu (Mt. 28,18ff) geht es in diesem Heft um die Taufe: „taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes…!“ Dieser Auftrag gilt auch für Kinder, wenn Jesus sagt (Mk. 10, 14): „Lasst die Kinder zu mir kommen, …denn Menschen wie ihnen gehört das Reich Gottes“.
Die wenigsten werden sich an ihre Taufe erinnern. Zum Glück kommt es auf unsere Erinnerungsfähigkeit nicht an. Warum ist das so? Was passiert denn bei der Taufe? Wieso ist die Taufe das Kraftwerk Gottes? Um das zu verstehen, ist es gut, die Worte Jesu zu betrachten und den Vorgang der Taufe in den Blick zu nehmen.
Dabei fällt auf, die Getauften sind recht passiv. Sie lassen an sich etwas geschehen. Offensichtlich ist die Taufe keine menschliche Leistung. Ein anderer handelt an den Täuflingen. Ja, noch mehr. Es ist allein Gott, der bei der Taufe am Werk ist. Wir können den Erfolg unserer Taufe nicht sichern.
Wer andere tauft, wirkt deshalb nicht in eigener Vollmacht, sondern im Auftrag Jesu, stellvertretend für ihn. Deshalb kann sich auch keiner im Namen des dreieinigen Gottes selber taufen. Sondern die Taufe ist ein Geschenk. Die Art und Größe dieses Geschenkes bestimmt nur Gott. Und Gott ist großzügig.
Jeder Vergleich hinkt, aber die Bedeutung dieses Geschenkes beschreibt ein Ereignis in einer mittelfränkischen Stadt:
Da wurde ein Rentner verhungert in seiner Wohnung aufgefunden. Nachforschungen ergaben, er kam als Spätaussiedler von Russland nach Bayern. Hier erhielt er eine gute Rente. So war auf seinem Sparkonto eine ansehnliche Summe aufgelaufen. Die Verwunderung war groß, warum er trotz des Geldes verhungert war. Die Lösung war tragisch: Er wusste vermutlich nichts von seinem Vermögen und wie er an dieses Geld hätte kommen können.
Für die Taufe gilt Ähnliches. Den wahren Wert der Taufe entdecke ich, wenn ich im Glauben dieses Geschenk Gottes annehme und damit lebe.
Das entlastet vom Leistungsdruck. Als Mensch bin ich einer, der von Gott getrennt als Sünder lebt. Da beschenkt mich Gott in der Taufe mit dem, was die Trennung überwindet. Martin Luther hat schwer unter Zweifeln gelitten: Tue ich genug Gutes, dass Gott mir gnädig ist? Bis er durch das Lesen des Römerbriefes im Neuen Testament verstanden hat, Gott schenkt uns das Entscheidende, das was uns frei macht und mit Gott verbindet. In allen Anfechtungen des Glaubens tröstete er sich mit: Ich bin getauft!
Was ist nun dieses Kraftwerk Gottes, mit dem er uns beschenkt?
(1) Es ist vor allem die Gemeinschaft mit Gott, dem Herrn der Welt.
Wir dürfen Kinder Gottes sein. Das kann nur Gott machen. Wir als Menschen, die mit dem tödlichen Virus der gefallenen Schöpfung (1. Mose 3) behaftet sind, können dazu nichts leisten. Jesus sagte deshalb schon zu seinen Jüngern (Joh. 15, 5): „…ohne mich könnt ihr nichts tun“ – was von geistlichem Wert ist. Das heißt, nicht einmal der Glaube ist meine Leistung, sondern ein Geschenk Gottes. Er gibt uns Leben mit ewiger Dimension. So großartig beschenkt uns Gott, denn er, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist, will mit uns zusammen leben. Eine größere Kraftquelle gibt es nicht. Wir dürfen im Glauben daran Anteil haben, weil Gott uns liebt. Wir können ihm dafür nicht genug danken!
(2) Gott schenkt uns Gemeinschaft in der weltweiten christlichen Gemeinde.
Der Apostel Paulus beschreibt diese Gemeinschaft mit dem menschlichen Körper (1. Kor. 12, 12ff). So wie jedes Teil am gesunden Körper seine Funktion und Bestimmung hat, so hat auch der Leib Jesu Christi viele Glieder, die zusammen die christliche Gemeinde bilden. Sie ist irdische Heimat der Christen. Hier erleben wir unsere Bestimmung. Da können wir zu Hause sein und Geborgenheit erfahren. Sie ist ein (wegen menschlicher Unzulänglichkeiten leider allzu oft trübes) Spiegelbild der himmlischen Gemeinde Jesu. Gott will uns beschenken.
Und wie reagieren wir darauf? Im Glauben, den der Heilige Geist in uns weckt (1. Kor. 12, 9), können wir das Geschenk ergreifen und Gott nur immer wieder von Herzen loben und ihm danken.
Gott preisen kann jeder für sich. Noch schöner ist es, wenn man es gemeinsam macht. Die Freude über das Geschenk Gottes ist der Grund aller Anbetung im Gottesdienst.
Diese Erfahrung der Liebe Gottes lässt das Herz überquellen, dass wir von Jesus erzählen und was er uns bedeutet – in der Nachbarschaft und in der weiten Welt.
Die Begegnung mit Gottes Liebe überwältigt und macht uns bereit auch anderen im Leben zu helfen. Verantwortung für andere zu übernehmen und in Not beizustehen. Lassen wir uns von diesem Geschenk der Liebe Gottes bewegen. Dann entdecken wir immer mehr den Sinn, wofür uns Gott geschaffen hat. Jesus Christus gibt uns mit seinem Doppelgebot, Gott und die Nächsten zu lieben, die besten Maßstäbe für ein erfülltes Leben.
Die Wirksamkeit der Taufe ist also nicht von unserer Erinnerungsfähigkeit abhängig, sondern allein von Gottes Handeln. Christus will, dass dieses Kraftwerk in uns wirkt. Und wir Leben aus der Ewigkeit bekommen. Lasst uns deshalb nicht müde werden Gott Vater, Sohn und Heiligen Geist zu vertrauen, ihm zu danken und ihn mit unserem Leben zu loben!